lichtstunden

Bayerischer Rundfunk 2002

©Paul Divjak

Mit: Jens Harzer
Regie: Christiane Klenz
Musik: Two Lone Swordsmen, Pimui, Pan Sonic ua.

‘lichtstunden’ beschreibt das Warten auf den Tod. Ein junger Mann versucht sich,
angesichts des zunehmenden Verfalls mit Hilfe der Sprache an Geschichten und
Situationen aus seinem Leben festzuhalten. Doch seinen Erinnerungen wohnt eine
Flüchtigkeit inne, die der Unlogik von Träumen oder der Abstraktion von
Kameraeinstellungen ähnelt: fiebrige Fernsehbilder, durch die man vom
Krankenbett aus zappt. Nur noch die eigene Stimme scheint Halt zu bieten.
Der Erzähler beharrt auf einzelnen Wörtern und Wendungen, erinnert sich an
Filmsequenzen, schließlich nur noch einzelne Bilder; viele angefangene Geschichten,
aber keine Biografie.

“schon lange verirrst du dich in deinem kopf, verloren in der zweiten person”:
Das Erzählen in der zweiten Person ist in der Literatur selten und deshalb ungewohnt.
Der amerikanische Autor Stewart O´Nan hat seinen Roman “Das Glück der Anderen”
durchgehend in dieser Perspektive geschrieben. Wie O´Nan hat der Wiener
Autor Paul Divjak diese Erzählform gewählt, um die Entfremdung des Protagonisten
von sich selbst darzustellen. Wer von sich selbst in der Du-Form spricht, ist zum
Kommentator des eigenen Lebens geworden, ist vom Denkzwang überwältigt, wie
der junge Mann in diesem Hörspiel. (…) Divjaks Figur versucht, seine Vergangenheit,
seine Ängste und Wünsche in Worte zu fassen, um dadurch das eigenen Leben zu
begreifen und festzuhalten. Jens Harzer spricht den gut 30 Minuten langen Text mit
schläfriger, fast hypnotischer Monotonie, so dass der Schwebezustand zwischen
Wachen und Schlafen körperlich spürbar wird. Dabei untermalt die sparsam,
aber geschickt eingesetzte Musik den fließenden Rhythmus des Gedankenstroms.
So gelingt es der Inszenierung, den Hörer in die innere Welt des Erzählers
hineinzuziehen und dabei eine Intensität aufzubauen, die nicht nachlässt.
[Funkkorrespondenz]



KORYPHÄENKILLER

Oder: Wir steigern unser Seinsformat zu größerer Medienöffentlichkeit

„Es liegt an uns, Neurotransmitter und Investitionsgelder in Umlauf zu bringen.”

Ein TV-Psychotalk, eine Show-Therapie: Prominente Männer unter sich.
Ein Starregisseur und sein Therapeut im Gespräch über größere und kleinere mentale Baustellen – vor dem Hintergrund von Selbst- und Marktwert, Neoliberalismus und Depression.
Dem Stück koryphäenkiller liegt Shakespeares Sturm als assoziative Schablone zugrunde: Die zwei Protagonisten sind gleichsam Gestrandete. Auf der Insel des Medialen wiederholen sie naive Gesten, verloren in der Enge ihrer inneren Logik und der des Systems.
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